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Mykobakterien, als „säurefeste Stäbchen“ unter dem Mikroskop

Neue internationale Behandlungsempfehlungen für Erkrankungen durch nicht-tuberkulöse Mykobakterien

Ein Expertengremium unter der Federführung von Prof. Christoph Lange vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum hat neue Empfehlungen für die Behandlung seltener Lungenerkrankungen durch nicht-tuberkulöse Mykobakterien erarbeitet, die nun in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift THE LANCET INFECTIOUS DISEASES erschienen sind. Diese Empfehlungen stellen einen wichtigen Baustein für eine effiziente und einheitliche Therapie dieser teilweise schwer zu behandelnden Infektionskrankheiten dar.

Die Cousins und Cousinen der Tuberkulosebakterien nennt man „nicht-tuberkulöse Mykobakterien“ oder kurz einfach NTMs. Etwa 200 verschieden Arten wurden bislang entdeckt. Sie kommen natürlicher Weise frei-lebend im Boden oder in Gewässern vor und manche können ganz ähnliche Krankheitsbilder verursachen, wie die Tuberkulose. In den meisten Fällen handelt es sich dann um Lungenerkrankungen. Während die Anzahl der Tuberkuloseerkrankungen in Deutschland abnimmt, nimmt die Anzahl der Menschen, die an Infektionen durch NTMs leiden, zu. Da NTMs mit sehr seltenen Ausnahmen nicht von Mensch-zu-Mensch übertragen werden und die Erkrankungen auch nicht meldepflichtig sind ist nicht sicher bekannt, wie viele Menschen jedes Jahr an Infektionen mit NTMs erkranken und es gibt wenig gesichertes Fachwissen, wie Patientinnen und Patienten behandelt werden sollen, je nachdem welches Mykobakterium eine Erkrankung auslöst.

Ein internationales Expertengremium aus Vertretern der europäischen und amerikanischen Fachgesellschaften für Lungenerkrankungen (ERS, ATS) und Infektionskrankheiten (ESCMID, IDSA) hat in einem systematischen Verfahren die wissenschaftliche Fachliteratur ausgewertet und im Jahr 2020 Empfehlungen für die Behandlung von Infektionskrankheiten durch die vier häufigsten NTM Arten erstellt. Professor Lange, Medizinischer Direktor am Forschungszentrum Borstel, war für die European Respiratory Society federführend an der Erstellung der Leitlinie beteiligt. Lange hat auch die Empfehlungen für die Behandlungen von Infektionskrankheiten durch weitere sieben seltene NTM Arten geleitet, welche jetzt von derselben Gruppe erstellt und publiziert wurden. „Damit existieren erstmals umfassende Evidenz-basierte Behandlungsempfehlungen für betroffene Patientinnen und Patienten“, so Lange.

„Infektionen durch nichttuberkulöse Mykobakterien zählen zu den kompliziertesten Herausforderungen der Infektionsmedizin. Aufgrund ihrer ausgeprägten Antibiotikaresistenz sind lange antibiotische Kombinationstherapien die Regel, evidenzbasierte Behandlungsstrategien und neue Therapieansätze sind dringend erforderlich“, so Professor Florian Maurer, der Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Mykobakterien (NRZ) mit Sitz am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum. Das NRZ befasst sich mit der Epidemiologie, Identifizierung und Resistenzprüfung von mykobakteriellen Krankheitserregern. Neben seiner Arbeit mit den Erregern der Tuberkulose, unter anderem als Supranationales Referenzzentrum der Weltgesundheitsorganisation, ist das Labor international für seine Arbeit mit NTMs bekannt. Im April 2022 eröffnet das Forschungszentrum Borstel, gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit und das Land Schleswig-Holstein, den Neubau des Nationalen Referenzzentrums für Mykobakterien, das ein hochmodernes biologisches Sicherheitslabor der Schutzstufe 3 umfasst und neueste kulturbasierte und molekularbiologische Untersuchungstechniken bereitstellt.

Mit Förderung des Deutschen Zentrums für Infektiologie (DZIF) bietet das Team um Professor Lange und Professor Maurer an jedem Tag im Jahr und rund-um-die-Uhr einen kostenfreien telefonischen Beratungsservice für Kolleginnen und Kollegen zu allen Fragen rund um Erkrankungen durch Mykobakterien an (TBinfo 04537 1880); insgesamt sind es mehr als 1000 Beratungen im Jahr. Patientinnen und Patienten mit mykobakteriellen Erkrankungen werden auch nach Schließung der Medizinischen Klinik weiterhin in der Spezialsprechstunde der Pneumologischen Praxis am Forschngszentrum Borstel durch Herrn Professor Lange und Frau PD Dr. Kalsdorf ambulant behandelt (Anmeldungen über 04537 188 3510). Für die stationäre Patientenversorgung soll in der Zukunft am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel in Kooperation mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine Leibniz Lungenklinik entstehen.

 

Publikation:

Lange C et al. Consensus management recommendations for less common non-tuberculous mycobacterial diseases. The Lancet Infect Dis. Published online January 25, 2022 https://doi.org/10.1016/S1473-3099(21)00586-7

Kontakt

Stefan Niemann

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christoph Lange

DZIF TTU TB (ClinTB)
T +49 4537 / 188-3010 (Sekretariat)
F +49 4537 / 188-6030
clange@fz-borstel.de

 

 

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