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Abbildung. Stammbaum und Ausbreitung eines multiresistenten Mycobacterium tuberculosis Stammes in Kontinentaleuropa.

Multiresistente Tuberkulose Erreger in Europa

Neben der SARS-CoV2-Pandemie erleben wir in vielen Regionen der Welt eine Epidemie der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB). Etwa eine halbe Million Patienten sterben jedes Jahr an einer Infektion mit dem MDR-Bakterium Mycobacterium tuberculosis. In einer deutsch-französischen Zusammenarbeit zeigen Wissenschaftler des Forschungszentrums Borstel, der Universität PSL in Paris und des CNRS/Instituts Pasteur in Lille, wie schnell sich diese Stämme in Kontinentaleuropa verbreiten und wie sich Antibiotikaresistenzen im Laufe der Zeit entwickeln.

 

Eine Infektion mit einem MDR-Stamm muss mindestens neun Monate lang mit einer Kombinationstherapie behandelt werden, die schwere Nebenwirkungen haben kann. "Daher ist es von entscheidender Bedeutung, mögliche Resistenzen gegen einzelne Antibiotika schnell zu erkennen, sobald bei einem Patienten eine MDR-TB diagnostiziert wird", so Prof. Stefan Niemann vom Deutschen Nationalen Referenzzentrum für Mykobakterien in Borstel. Die neuen Ergebnisse, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature communications veröffentlicht wurden, zeigen, dass sich ein bestimmter Stamm über die letzten Jahrzehnte in Zentralasien, Russland und Osteuropa ausbreitetet. "Seit den 1960er Jahren haben einige dieser Stämme bis zu elf Antibiotikaresistenzen und zusätzliche Mutationen erworben, die für die bakterielle Fitness und Virulenz von Bedeutung sind", so Dr. Matthias Merker, der Erstautor der Studie. Laut Prof. Thierry Wirth "scheinen diese Stämme ein genetisches Repertoire erworben zu haben, das die Übertragung und/oder eine beschleunigte Evolution von Antibiotikaresistenzen begünstigt, was die Anpassungsfähigkeit der dieses Krankheitserregers verdeutlicht". "Der Einsatz neuer Methoden zur schnellen und umfassenden Prüfung der Antibiotikaempfindlichkeit wird entscheidend sein, um die weitere Ausbreitung dieser und anderer hochresistenter Stämme einzudämmen", so Dr. Philip Supply.

Die Studie wurde vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und dem Leibniz-Wissenschaftscampus für Evolutionäre Medizin der Lunge (EvoLung) finanziert. Die Daten geben neue Einklicke in die Evolution des Erregers und können helfen Maßnahmen im öffentlichen Gesundheitswesen zu priorisieren.

 

Referenz:
Merker, M., Rasigade, JP., Barbier, M. et al. Transcontinental spread and evolution of Mycobacterium tuberculosis W148 European/Russian clade toward extensively drug resistant tuberculosis. Nat Commun 13, 5105 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-32455-1

Kontakt

Stefan Niemann

Prof. Dr. Stefan Niemann

T +49 4537 / 188-7620
F +49 4537 / 188-2091
sniemann@fz-borstel.de

 

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