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- 16.10.2020

Die anhaltende Coronavirus-Pandemie stellt die Gesundheitssysteme weltweit vor große Herausforderungen. Um Übertragungswege bestmöglich zu verfolgen und die Kapazitäten in der klinischen Patientenversorgung nicht zu überlasten, ist eine schnelle Identifikation und Isolation von an COVID-19 erkrankten Patienten entscheidend. Vor allem in ressourcenarmen Regionen ist die von der WHO geforderte Ausweitung der globalen SARS-CoV-2 Testkapazitäten jedoch nur schwer umsetzbar. Insbesondere in vielen afrikanischen Ländern südlich der Sahara waren Krankenhäuser, Kliniken und Laboratorien bereits vor der COVID-19-Pandemie an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen.
Hier könnte die intensive Arbeit, die in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Tuberkulosebekämpfung geleistet wurde, eine zentrale Rolle spielen. Weltweit sind ca. 25% der Weltbevölkerung mit dem Tuberkuloseerreger Mycobacterium tuberculosis infiziert; 1,4 Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Tuberkulose. Unter Beteiligung vieler internationaler Akteure wurden daher erhebliche Anstrengungen unternommen, um molekulardiagnostische Infrastrukturen zur schnellen Identifizierung von Tuberkulosepatienten in Umgebungen mit geringen Ressourcen zu etablieren. Da diese Diagnoseinfrastrukturen eine hohe räumliche Abdeckung, bereits bestehende Lieferketten, klinische Netzwerke, geschultes Personal und die Verfügbarkeit von analytischen Testgeräten bieten, ist es naheliegend, dieses Potential auch für SARS-CoV-2-Testungen zu nutzen. Dabei müssen jedoch bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt sein.
Um zu überprüfen, ob einzelne Tuberkuloselabore für eine Mitnutzung im Rahmen der SARS-CoV-2 Diagnostik geeignet sind, wurden von den Wissenschaftlern fünf Kernaspekte identifiziert: Die Verfügbarkeit von Hardware und Verbrauchsmaterialien, der erwartete Probendurchsatz, die Entfernung zwischen den Probenahmestellen und dem Labor, das verfügbare Personal und dessen Qualifikationsniveau sowie die Kosten.
„Auch in Zeiten einer Pandemie mit hohem Testbedarf muss Qualitätssicherung eine zentrale Rolle für die labormedizinische Diagnostik spielen. Neben der Geschwindigkeit ist auch die Zuverlässigkeit der Testergebnisse für eine optimale Patientenversorgung unerlässlich. Bei dieser Untersuchung haben wir am Beispiel der Tuberkuloselabore einen Katalog allgemeiner Qualitätsindikatoren auf den Kontext von SARS-CoV-2 Testungen außerhalb von virologischen Speziallaboren angewendet. Diesen Kriterienkatalog können Betreiber entsprechender Labore nun nutzen, um zu prüfen, ob sich ihr Labor für den Aufbau von Coronavirus-Tests eignet.“, sagen Dr. Susanne Homolka und Dr. Laura Paulowski, die Erstautorinnen der Arbeit.
Die Wissenschaftler*innen kamen zu dem Schluss, dass diagnostische Infrastrukturen für Tuberkulose besonders in ressourcenschwachen Ländern prinzipiell für die Ausweitung der regionalen SARS-CoV-2-Testkapazität genutzt werden können. Tuberkulose-Forschungsinfrastrukturen könnten auch die Sequenzierung von SARS-CoV-2 Virusgenomen unterstützen, um die Entwicklung und Vielfalt der Viren weltweit zu untersuchen. Allerdings müssen sowohl für Tuberkulose- als auch für SARS-CoV-2-Tests grundlegende Prinzipien des Qualitätsmanagements beachtet werden, um valide Ergebnisse zu gewährleisten und die Sicherheit der Mitarbeitenden sowie die Kontinuität der Tuberkulosediagnostik jederzeit zu gewährleisten.
Literatur:
Homolka S, Paulowski L, Andres S, Hillemann D, Jou R, Günther G, et al. Two pandemics, one challenge—everaging molecular test capacity of tuberculosis laboratories for rapid COVID-19 case-finding. Emerg Infect Dis. 2020. https://doi.org/10.3201/eid2611.202602
Kontakt:
Prof. Dr. med. Florian Maurer
Nationales Referenzzentrum für Mykobakterien
Parkallee 18 23845 Borstel
Telefon: 04537/188 2110
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