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DNA ist der Schlüssel zur Bekämpfung der Tuberkulose

Gegenwärtig werden verschiedene Methoden zur Erkennung, Behandlung und Verfolgung der Tuberkulose (TB) eingesetzt, die alle durch die Sequenzierung des gesamten Genoms der TB-Erreger ersetzt werden könnten. Zu diesem Ergebnis gelangte ein Forscherteam unter der Leitung von Dr. Conor Meehan vom Institut für Tropenmedizin Antwerpen (ITM), welches nun in der aktuellen Ausgabe der Nature Reviews Microbiology veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen in dieser Publikation die Vorteile und Risiken der modernen Genomsequenzierungstechnologie vor und zeigen Empfehlungen auf, um die Anwendung der Technologie für die klinische Versorgung und die globale TB-Kontrolle international zu standardisieren.

Die Diagnose, Behandlung und Verfolgung der Tuberkuloseerreger aus dem Mycobacterium tuberculosis Komplex erfolgt derzeit mit Hilfe unterschiedlichster Techniken. Durch das mittlerweile günstige und zudem sehr zuverlässige Verfahren zur Sequenzierung des gesamten Genoms der Erreger („Whole Genome Sequencing“, WGS) könnten viele dieser verschiedenen Techniken durch eine einzige Methode ersetzt werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der weitverbreitete Einsatz der WGS-Technologie aufgrund fehlender internationaler Standards zu Daten und Prozessen ohne Harmonisierung, Vergleichbarkeit und Validierung führen könnte.

"Wir fordern umfangreiche Anstrengungen zur Standardisierung und Validierung, bevor der WGS-Ansatz in großem Maßstab umgesetzt wird", sagte Dr. Conor Meehan. "Dies erfordert politisches Engagement und die Einbeziehung supranationaler Laboratorien und Aufsichtsbehörden. Es ist wichtig, den Zugang zu standardisierten und validierten WGS-Techniken zu gewährleisten, insbesondere in Ländern mit hohen TB-Fallzahlen und dort, wo die Anwendung von WGS die größten Auswirkungen auf die TB-Epidemie haben wird."

Der derzeitige Stand der WGS-Technologie und die Möglichkeiten für eine Standardisierung und Harmonisierung wurden in der aktuellen Arbeit in einem Konsortium aus mehr als 40 internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit TB-Fachkenntnissen analysiert. Auch vier Forscher des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum gehören diesem Konsortium an. Gemeinsam beschrieben sie den neuesten Stand der WGS Technologie bei TB-Erregern und formulierten eine Reihe von Empfehlungen. Diese Empfehlungen sind vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungen der TB-Epidemiologie von besonderer Relevanz.

„Die WGS-Technologie bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten für die Diagnostik der Erkrankung und die Überwachen der TB“, sagt Stefan Niemann, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare und Experimentelle Mykobakteriology am FZB. Bereits seit mehr als 10 Jahren stellt diese Methode einen Forschungsschwerpunkt der Forschungsgruppe am FZB dar. Nachdem schon im Jahr 2007 die ersten Genome von zwei M. tuberculosis Stämmen mit der sogenannten „Next Generation Sequencing, NGS“ analysiert wurden, werden aktuell mehr als 5.000 TB-Erreger Stämme für verschiedenste Fragestellungen und Projekten z.B. im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) oder dem Exzellenz Cluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ mit WGS untersucht. „Die Anwendung der WGS-Technologie in der Praxis steht im Moment im Fokus. Zur Zeit werden verschiedene Studien für die schnelle Resistenzvorhersage und die Standardisierung von Ausbruchsuntersuchungen durchgeführt“, so Niemann.

Das Whole Genome Sequencing wird mittlerweile auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als potenzielle Methode für globale Studien zum Vorkommen von Arzneimittelresistenzen empfohlen und weltweit zunehmend auch als Methode für die personalisierten Behandlung der TB eingesetzt. Besonders bei der Bekämpfung der multiresistenten TB, die mittlerweile mit mehr als 500.000 Neuerkrankungen weltweit auftritt, eröffnen WGS basierte Verfahren neue Ansätze für die Behandlung und Infektionskontrolle.

 

Publikation:

Meehan CJ et al. Whole genome sequencing of Mycobacterium tuberculosis: current standards and open issues, Nat Rev Microbiol 2019 DOI: 10.1038/s41579-019-0214-5

 

Kontakt:

Prof. Stefan Niemann
Forschungszentrum Borstel
Leibniz Lungenzentrum
Parkallee 1
23845 Borstel
Telefon: 04537/188 7620
Mail: This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.

Hier gelangen Sie zur englischen Pressemitteilung des ITG