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Memento-Forschungspreis 2020 für Rickettsien-Forschung am Forschungszentrum Borstel und am Universitätsklinikum Marburg
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- 16.03.2020

Dr. Anke Osterloh vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum und PD Dr. Christian Keller von der Universität Marburg wurden am 11.03.2020 mit dem "Memento Preis für vernachlässigte Krankheiten" ausgezeichnet. Die internationale Jury würdigte durch den mit 5.000 Euro dotierten Preis ihre Beiträge und ihr Engagement für die Forschung an Rickettsien-Infektionen.
Rickettsien-Infektionen kommen weltweit vor und betreffen sehr viele Menschen insbesondere in ärmeren Regionen der Erde. In den vergangenen Jahren werden stetig zunehmende Fallzahlen und auch eine zunehmende räumliche Verbreitung der Erreger, insbesondere von Rickettsia typhi, beobachtet. Dennoch sind Rickettsien-Infektionen bislang nur wenig bekannt. „Vernachlässigt heißt oft auch unbekannt. Infektionen durch Rickettsien kennen die wenigsten, und doch haben sie große Bedeutung als Erreger schwerer, oft sogar lebensbedrohlicher Infektionskrankheiten auf allen Kontinenten“, sagt Jurymitglied Prof. Dr. August Stich, Chefarzt der Tropenmedizinischen Abteilung der Missioklinik Würzburg.
Rickettsien sind intrazelluläre bakterielle Erreger und Auslöser verschiedener Formen von Fleckfieber, einer hochfiebrigen Erkrankung, in deren Verlauf es häufig zu Komplikationen wie Lungen- und Hirnentzündungen kommt. Der Mangel an zuverlässigen, breit verfügbaren und erschwinglichen Diagnostika führt dazu, dass eine Behandlung mit einem passenden Antibiotikum oft gar nicht oder zu spät erfolgt, so dass viele Rickettsien-Infektionen tödlich verlaufen. Gerade in schweren Fällen fehlt es außerdem an innovativen therapeutischen Strategien und neuen Wirkstoffen, da Rickettsien auf nur sehr wenige Antibiotika ansprechen. Eine Schutzimpfung ist nicht verfügbar.
"Für die Entwicklung eines Impfstoffes ist es wichtig, die Immunmechanismen zu verstehen, die zu einem Schutz gegenüber den Erregern beitragen", sagt Anke Osterloh. In den vergangenen Jahren entwickelten Anke Osterloh und Christian Keller, zu Beginn noch in der ehemaligen Abteilung für Immunologie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, neue Labormodelle für die Infektion mit Rickettsia typhi und Orientia tsutsugamushi, zwei der weltweit am häufigsten vertretenen Rickettsien. "Diese Modelle haben sehr viel zum Verständnis der Immunantwort gegenüber Rickettsien beigetragen und erlauben uns nun, neue Wirkstoffe und potentielle Impfstoffe auszutesten", so Dr. Anke Osterloh. Gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) zeigten Keller und Osterloh in diesen Modellen die Wirksamkeit einer neuen Antibiotikaklasse gegen Rickettsien. Sie entwickelten zudem den weltweit ersten transgenen Stamm von Rickettsia typhi, ein wichtiges Instrument für die Entwicklung neuer Therapieansätze und Impfungen. Die Publikationstätigkeit der beiden Preisträger umfasst Arbeiten zur Pathogenese sowie zur erworbenen und angeborenen Immunität gegen Rickettsia typhi und Orientia tsutsugamushi sowie zur Bedeutung von Rickettsien als Krankheitserreger in vulnerablen Bevölkerungsgruppen wie Kindern und Schwangeren.
Schwerpunkt der Arbeit von Anke Osterloh ist es nun, antigene Strukturen von Rickettsien zu identifizieren, die sich möglicherweise als Impfstoff eignen. Neben der Identifizierung neuer Wirkstoffe und der Entwicklung eines Impfstoffes ist aber auch die translationale, patientennahe Forschung ein wichtiges Anliegen von Anke Osterloh und Christian Keller. Dabei sollen die Identifizierung von Biomarkern für schwere Infektionsverläufe und klinische Studien im Vordergrund stehen. Wichtige Kooperationsstandorte der beiden Forscher für diese Arbeiten befinden sich in Nepal, Ghana, Kamerun und Madagaskar.
"Mit diesem Preis erfahren Rickettsien-Infektionen eine ganz neue und dringende Aufmerksamkeit. Er bestärkt uns sehr in unseren Arbeiten und würdigt außerdem den Beitrag aller daran Beteiligten, denen wir hier auch persönlich noch einmal unseren Dank aussprechen möchten", sagen Anke Osterloh und Christian Keller.
Hintergrundinformation zum Memento Preis
Der Memento Preis für vernachlässigte Krankheiten wurde am 11.03.2020 zum siebten Mal verliehen. Ziel der Initiatoren des Preises – Ärzte ohne Grenzen, Brot für die Welt, BUKO Pharma-Kampagne und DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V. – ist es, Aufmerksamkeit für vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten zu schaffen, an denen zwar Millionen Menschen weltweit leiden, für die es aber oft keine adäquaten Impfstoffe, Diagnostika oder Medikamente gibt. Laut eigener Pressemitteilung sieht das Memento-Bündnis die Bundesregierung in der Pflicht, entsprechend ihrer neuen Führungsrolle in der globalen Gesundheit, mehr Geld für die Forschung im Bereich der vernachlässigten Krankheiten bereitzustellen.
Das Forschungszentrum Borstel ist das Lungen-Forschungszentrum der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht zivilisationsassoziierte Erkrankungen wie Asthma und Allergien, andererseits Infektionen der Lunge, vor allem die Tuberkulose (TB), und beinhaltet das Nationale Referenzzentrum für Tuberkulose. Das übergeordnete Ziel der grundsätzlich interdisziplinären und translational ausgerichteten Forschungsaktivitäten ist, die Ursachen und Mechanismen infektiöser und nicht-infektiöser, chronisch-entzündlicher Erkrankungen der Lunge aufzuklären, um daraus neue innovative Konzepte zu deren Prävention, Diagnostik und Therapie abzuleiten. Für den Umgang mit hochpathogenen Erregern verfügt das Institut über Laboratorien der biologischen Sicherheitsstufe 3 (BSL3).
Kontakt:
Dr. Anke Osterloh
Parkallee 22
23845 Borstel
Tel.: +49 (0)4537 188 - 4822
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