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Foto: M. Hohn: Herr H. Kanert (Stifter), Dr. M. Reiger, Kanert-Preisträger 2025

02.06.2025

Update Allergologie: Interdisziplinärer Austausch im Herrenhaus des Forschungszentrums Borstel

Bereits zum 37. Mal trafen sich führende Expertinnen und Experten im Rahmen des renommierten „Allergie-Kolloquiums“ am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, um sich über die aktuellen Erkenntnisse und Entwicklungen auf dem Gebiet der Allergologie auszutauschen. Ein Highlight der Veranstaltung war auch in diesem Jahr die Verleihung des Kanert-Preises für Allergieforschung.

 

Allergien nehmen weltweit immer weiter zu, so auch in Deutschland: Laut Robert Koch-Institut erkranken mehr als 30% der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens mindestens an einer allergischen Erkrankung. Am häufigsten tritt Heuschnupfen auf, gefolgt von Asthma und Neurodermitis. Aber auch Lebensmittelunverträglichkeiten nehmen immer weiter zu.

Um die Ursachen dieser Zunahme zu entschlüsseln und um die Diagnostik und Therapie zu verbessern, bedarf es der engen Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis. Das „Allergie-Kolloquium“ setzt hier an und bietet den Teilnehmenden einmal im Jahr einen interdisziplinären Rundumblick über die unterschiedlichen Themengebiete der Allergologie und gibt Raum für spannenden Austausch.

Zum Auftakt teilte Dr. Andreas Kleinheinz, Elbe Klinikum Buxtehude, seine Erfahrungen aus drei Jahren orale Immuntherapie (OIT) der Erdnussallergie. Bei dieser Therapiemethode wird versucht, die Erkrankten schrittweise an die allergieauslösenden Substanzen zu gewöhnen, um eine Toleranz gegen die Allergenquelle auszubauen. Dies ist wichtig, denn bei der Erdnussallergie handelt es sich um eine gefährliche Lebensmittelallergie, die die Betroffenen und ihre Familien vor große Herausforderungen stellt und die Lebensqualität massiv einschränken kann.

Weitere Schwerpunkte des diesjährigen Programms waren die Präzisions-Diagnostik und -Therapie der Insektengiftallergie (Prof. T. Jakob, Gießen), die Biologikatherapie des Asthma bronchiale und der COPD (Priv.-Doz. H. Watz, Grosshansdorf) sowie des hereditären Angioödems (Priv.-Doz. A. Recke, Lübeck), einer seltenen Erbkrankheit, bei der es plötzlich zu Schwellungen der Haut, Schleimhäute und inneren Organe kommen kann. Ein weiterer Vortrag befasste sich mit der Pathophysiologie der Histaminintoleranz und den entsprechenden Therapieoptionen (Prof. M. Raithel, Erlangen).

Allergiekolloquium 2025 02 PRFoto: J. Passarger. V.l.n.r.: Priv.-Doz. Dr. H. Watz, Prof. Uta Jappe, Prof. Dr. Dr. J. Ring, Kurator der Kanert-Stiftung, Herr und Frau Kanert, Priv.-Doz. Dr. A. Recke.Die Keynote Lecture hielt in diesem Jahr Frau Prof. Erika Jensen-Jarolim von der Medizinischen Universität Wien und der AllergyCare Allergiediagnose in der Privatklinik Döbling, Wien. Die international anerkannte Spezialistin für Allergologie und Immunologie ging in ihrem hochinteressanten Vortrag darauf ein, wie chronische Entzündungen im Körper die Immunzellen „hungrig“ machen und das Immunsystem nachhaltig beeinträchtigen. Allergien gehören zu den häufigsten chronischen Entzündungserkrankungen. In der chronischen Entzündung kommen die Immunzellen in ein Mikronährstoffdefizit bis hin zur Eisenmangel-Anämie. Wie in einer Abwärtsspirale verstärken die Nährstoffmängel wieder die allergischen Symptome. Daher fühlt man sich mit Allergie abgeschlagen und weniger leistungsfähig. Die Expertin beschreibt wissenschaftliche und klinische Studien, die zeigen, dass ein zielgerichtetes Diätmanagement Nährstoff-Defizite ausgleichen kann und zu einer Beruhigung der chronischen allergischen Entzündung führt.

Ein weiterer Höhepunkt der Tagung war die Verleihung des Kanert-Preises für Allergieforschung, die durch den Stifter, Herrn Horst Kanert, persönlich vorgenommen wurde. Der Preisträger des mit 20.000 Euro dotierten Preises ist in diesem Jahr Dr. Matthias Reiger Herr Reiger ist Head of Research Management am Institut für Umweltmedizin und integrative Gesundheit, Medizinische Fakultät Augsburg und des Instituts für Umweltmedizin (Helmholtz Munich).  Er erhielt die Auszeichnung für seine Forschung auf dem Gebiet des Mikrobioms der Haut und sein Projekt zum Nanopore-Sequencing und dessen Anwendungsmöglichkeit in der Neurodermitisforschung. Ziel des Einsatzes dieser innovativen Methode zur DNA- und RNA-Sequenzierung ist es, tiefere Einblicke in die kutane Mikrobiota zu gewinnen. Die besondere translationale Relevanz liegt im zeitsparenden Einsatz direkt am betroffenen Patienten. Der Kanert-Preis wurde seit der Gründung der Stiftung im Jahr 1993 bereits zum 15. Mal vergeben, wobei das Forschungszentrum Borstel seit 2020 den würdigen Rahmen der Preisverleihung stellt.

 „Ich bedanke mich bei allen Referenten für die exzellenten Vorträge und allen Teilnehmenden für die lebhafte fachliche Diskussion,“ so Organisatorin Prof. Uta Jappe, Leiterin der Forschungsgruppe „Klinische und Molekulare Allergologie“ und Oberärztin am UKSH Lübeck. „Das Fazit der diesjährigen Veranstaltung ist, dass nicht nur die Interdisziplinarität, sondern die Zusammenführung verschiedener Themen wie Immunologie, Mikrobiomforschung und die zukunftsorientierten neuen Ansätze in molekularer Allergie-Diagnostik und -therapie zu neuen Erkenntnissen in der Allergologie geführt und somit einen besonderen Mehrwert für Wissenschaftler und Kliniker geschaffen haben. Und ich freue mich besonders, dass der Stifter den Kanert-Preis für Allergieforschung auch in diesem Jahr wieder persönlich überreicht hat.“

Kontakt

Prof. Dr. Uta Jappe

Prof. Dr. Uta Jappe

Forschungsgruppe Klinische & Molekulare Allergologie

T +49 4537 / 188-7406
 

 

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