Sprache auswählen

Transparente Tierversuche

Das Forschungszentrum Borstel – Leibniz Lungenzentrum möchte aktiv am gesellschaftlichen Dialog zum Thema „Tierversuche in der Forschung“ teilnehmen.

Wir wollen sachlich und transparent informieren und in den Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit treten.

Wir unterstützen die Informationsinitiative aus der Wissenschaft „Tierversuche verstehen“ und sind der „Initiative Transparente Tierversuche“ mit der Überzeugung beigetreten, dass wir der Öffentlichkeit gegenüber bezüglich unserer tierexperimentellen Forschung zu Transparenz verpflichtet sind. Wir erhoffen uns, dadurch Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung für den rationalen und sparsamen Einsatz von Tieren in der biomedizinischen Forschung zu erreichen.

tierversucheQuelle: https://www.tierversuche-verstehen.de/infomaterial-und-downloads/

Aus diesem Grund ist für die tierexperimentelle Forschung am Forschungszentrum Borstel das 3R Prinzip von Russel und Burch oberste Regel. Die Verpflichtung zu

  • Reduce (Reduktion)
  • Refine (Verbessern)
  • Replace (Ersetzen)

sind für jeden Wissenschaftler und jeden Mitarbeiter, der mit Tieren arbeitet, verpflichtend.

 

Das Forschungszentrum Borstel ist das Lungen-Forschungszentrum der Leibniz-Gemeinschaft. Der Fokus des Zentrums liegt einerseits auf zivilisationsassoziierten Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD und andererseits auf Infektionen, vor allem der Tuberkulose. Das übergeordnete Ziel der grundsätzlich interdisziplinären und translational ausgerichteten Forschungsaktivitäten ist es, Ursachen und Mechanismen infektiöser und nicht-infektiöser sowie chronisch-entzündlicher Erkrankungen der Lunge aufzuklären, um daraus innovative Konzepte zu deren Prävention, Diagnostik und Therapie abzuleiten.

Viele Fragestellungen lassen sich nicht oder nur unzureichend ohne den Einsatz von Tierversuchen beantworten. Die Nutzung von Tieren oder tierischen Materialien in der Forschung ist jedoch nicht immer gleichzusetzen mit einem genehmigungspflichtigen Tierversuch.

Im Rahmen unserer Forschung können bereits viele Projekte ohne Tierversuche durchgeführt werden. Dazu nutzen wir, wenn immer möglich, Alternativmethoden wie z.B. die Untersuchungen in menschlichen Gewebeproben und komplexen Zellkulturen, oder Versuche an wirbellosen Tieren wie z.B. der Fruchtfliege. Viele Studien, die im Forschungszentrum durchgeführt werden, zielen darauf ab, die komplexen Prozesse der Immunantwort zu verstehen, z.B. gegen wichtige Krankheitserreger wie die Bakterien, die Tuberkulose verursachen. Die Immunantwort ist ein komplexes Zusammenspiel vieler verschiedener Zellen des Immunsystems in der dreidimensionalen Struktur der Lunge, das über Wochen und Monate passiert. Aus diesem Grund setzen diese Untersuchungen die Komplexität des gesamten, lebenden Organismus und lange Beobachtungszeiträume voraus. In diesen Fällen, und nur dann, also wenn ein Tierversuch unerlässlich ist, führen wir genehmigungspflichtige Tierversuche vor allem auf dem Gebiet der Grundlagenforschung durch.

Quelle: https://www.tierversuche-verstehen.de/infomaterial-und-downloads/

 

 

Eine Einrichtung in der Versuchstiere gehalten und/oder gezüchtet werden, benötigt eine Genehmigung nach §11 Tierschutzgesetz.

Die Tierhaltung des Forschungszentrums Borstel ist eine zentrale Einheit in der fast ausschließlich Mäuse gezüchtet und gehalten werden. Ratten halten wir in einer sehr geringen Zahl, züchten diese aber nicht selbst im Forschungszentrum.

Alle unsere Zucht- und Haltungsräume sind gemäß den geltenden Vorschriften eingerichtet und ausgestattet und werden von amtlichen Tierärzten regelmäßig kontrolliert.

Wir halten alle unsere Tiere unter kontrollierten und stabilen Umweltbedingungen (z.B. Temperatur: 20-24°C, relative Luftfeuchtigkeit 40-65%, Hell-Dunkel Rhythmus von 12 Stunden bei definierter Lichtintensität).

tierhaltung 01Quelle: https://www.tierversuche-verstehen.de/infomaterial-und-downloads/


Alle Tiere werden in individuell ventilierten Käfigen, sogenannten IVCs, gehalten, die zum Schutz von Mensch und Tier jeweils eine hygienische Mikroeinheit darstellen.

In jedem Käfig wird den Tieren Futter und Wasser zur freien Verfügung sowie geeignete Einstreu, Nistmaterialien und Unterschlupfmöglichkeiten angeboten.

Zucht- und Haltungsräume sind dabei strikt voneinander getrennt und unterliegen unterschiedlichen Sicherheits- und Hygienestufen. So ist zum Beispiel der Zutritt von Zuchträumen nur den direkten Mitarbeitenden der Tierhaltung möglich. Haltungsräume dürfen neben den Mitarbeitenden der Tierhaltung nur von gezielt geschulten Mitarbeitenden, die am Tierversuch oder Organentnahmen beteiligt sind, betreten werden.

Alle Tierräume werden täglich, d.h. 365 Tage im Jahr, kontrolliert. Die Mitarbeitenden der Tierhaltung übernehmen die Grundversorgung der Tiere (Füttern, Tränken, Umsetzen/Reinigung). Auffälligkeiten werden unverzüglich an die Leitung der Tierhaltung, sowie die verantwortlichen Mitarbeitenden im Tierversuch kommuniziert.

tierhaltung 02


 

Tierschutz, aber auch Forschungsfreiheit gehören in Deutschland zu den bürgerlichen Grundrechten. Das in Deutschland geltende, und 2021 umfassend aktualisierte Tierschutzgesetz weist ausdrücklich auf die Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf hin. Der Umgang mit Tieren, ihr Einsatz in der Forschung sowie die Haltungsbedingungen von Tieren für die Forschung sind in vielen Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen geregelt:

Das Gesetz erlaubt jedem Wissenschaftler und jeder Wissenschaftlerin, einen Tierversuch nur dann durchzuführen, wenn er unerlässlich ist. Die Belastung der Tiere ist dabei auf ein unerlässliches Minimum zu reduzieren.

Jeder, der Tierversuche durchführt, muss sich in seinem Arbeitsalltag regelmäßig mit den Interessen des Tieres im Rahmen des Tierschutzes, den Interessen der wissenschaftlichen Fragestellung und dem möglichen Nutzen und aus den Versuchen resultierenden Erkenntnisgewinn auseinandersetzen. Vor jedem Versuch muss abgewogen werden, ob der zu erwartende Erkenntnisgewinn die Belastung jedes Einzeltieres rechtfertigt.

Wir setzen in unserer Wissenschaftlichen Arbeit am Forschungszentrum Borstel das von Russel und Burch formulierte 3R Prinzip - Reduktion, Verbesserung und Ersatz (Reduce, Refine, Replace) - konsequent um. Wir sind uns der Verantwortung, die mit der Durchführung von Tierversuchen einhergeht sehr bewusst und haben daher 2 zusätzliche R´s, Responsibility und Respect (Verantwortung und Respekt) selbstverpflichtend mit in unsere Grundprinzipien aufgenommen.

 

Jede Einrichtung in der Versuchstiere gehalten und Tierversuche durchgeführt werden ist gesetzlich verpflichtet einen Tierschutzbeauftragten zu bestellen.

Aufgaben, Rechte und Pflichten des Tierschutzbeauftragten sind im Tierschutzgesetz und der Tierschutzversuchstierverordnung geregelt.

Der Tierschutzbeauftragte wird durch den Tierschutzbeirat, der sich aus den mit der Pflege beauftragten Personen, der Tierhausleitung und Wissenschaftlern zusammensetzt, unterstützt.

Der Tierschutzbeauftragte handelt in allen tierschutzrelevanten Dingen weisungsfrei, hat jederzeit das Recht die Institutsleitung hinsichtlich tierschutzrelevanter Dinge zu informieren, zu beraten und aufzuklären. Der Tierschutzbeauftragte hat das Recht jederzeit und uneingeschränkt interne Kontrollen hinsichtlich Tierhaltung, Tierversuchen und deren Dokumentation sowie der allgemeinen Einhaltung des Tierschutzgesetzes durchzuführen

 

tierschutz daten fakten

 

Das Forschungszentrum Borstel beschäftigt sich mit wichtigen chronischen Lungenerkrankungen infektiösen und nicht infektiösen Ursprungs wie z.B. Tuberkulose und allergisches Asthma. Diese Krankheiten beruhen auf komplexen Prozessen im Körper, die nicht nur durch Infektionserreger oder Allergene und die verschiedenen dagegen reagierenden Immunzellen sondern auch durch physiologische und strukturellen Besonderheiten des betroffenen Organs, in diesem Fall der Lunge und die sie drainierenden Lymphorgane, aber auch durch die systemischen Eigenheiten des ganzen Organismus sowie durch das ihn besiedelnde Mikrobiom beeinflusst und kontrolliert werden. Um die Entstehung solcher komplexen Erkrankungen im Gesamtorganismus zu verstehen und wirksame Maßnahmen zu ihrer Heilung zu entwickeln, setzen wir erst ab dem Moment, wo Zellkulturexperimente die Komplexität nicht mehr abbilden können oder Untersuchungen am Menschen nicht möglich sind, Mäuse als Tiermodelle für diese Erkrankungen ein. Nur im Tiermodell lassen sich die vielfältigen Interaktionen zwischen den an den Entzündungs- und Krankheitsprozeesen beteiligten Immunzellen, die in das gesunde Gewebe einwandern und es krankhaft verändern, erfassen. Was im Tiermodell passiert, ist eine gute Annäherung an die Prozesse im kranken Menschen, und gibt uns ein wertvolles Werkzeug in die Hand, neue Therapien auszuprobieren. Mausmodelle für viele Erkrankungen haben in der Vergangenheit schon wertvolle Erkenntnisse geliefert.

Statement des Zentrumsdirektor

Statement des Zentrumsdirektor

Als Leitung der Tierhaltung des Forschungszentrum Borstels habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, eine Basis für die Umsetzung guter Wissenschaft zu schaffen und gleichzeitig das Wohlergehen der Tiere im höchsten Maße Rechnung zu tragen. Eine tägliche Umsetzung verschiedenster Regularien und Ansprüche aus beiden Gesichtspunkten ist Teil der praktischen Arbeit. Als Kerneinheit des Forschungszentrums bieten wir verschiedene Serviceleistungen für die Wissenschaft an, welche das Züchten von Versuchstieren, die Generierung neuer Stämme und natürlich dem Erhalt des Wohlergehens der Tiere umfasst. Diese Aufgaben kommen nicht nur dem Tierwohl zu Gute, sondern leisten ebenso einen wichtigen Beitrag für die Reproduzierbarkeit und Erstellung verlässlicher wissenschaftlicher Daten in der Forschung. Zusätzlich dazu ist die Tierhaltung eine zentrale Stelle, die sich nicht nur um das Wohlergehen der Versuchstiere kümmert, sondern auch die mentale Gesundheit der Tierpflegenden sowie der Mitarbeitenden im Wissenschaftsbereich berücksichtigt. Die Führsorge, die wir für die Versuchstiere in unserer Obhut aufbringen, sollte auch immer den Menschen als solches mit einbinden. „Nur ein umsorgter Mensch kann für andere Lebewesen die größtmögliche Sorgfalt aufbringen.“

Statement der Tierhaltung

Statement der Tierhaltung

Ich bin seit über 20 Jahren im Forschungszentrum Borstel als Tierschutzbeauftragte tätig. Ich sehe mich als Berater von Wissenschaftlern, Tierhausleitung und allen Mitarbeitern, die im Zentrum mit Tieren arbeiten, verstehe mich aber gleichzeitig als „Anwalt der Tiere“. Ich bezeichne mich selbst als tierlieb und habe auch privat Tiere, die größtenteils aus dem Tierschutz kommen. In meinem privaten Umfeld wird mir oft die Frage gestellt warum ich als Tierschutzbeauftragte im Bereich „Tierversuch“ arbeite. Ich glaube daran, dass meine Arbeit als Tierschutzbeauftragte wichtig und notwendig ist und zum Tierwohl beiträgt. Auch wenn es in meiner idealen Welt möglich ist Forschung durchzuführen ohne, dass wir dafür Tiere nutzen und opfern müssen, weiß ich, dass dies derzeit noch nicht möglich ist. Für viele Fragestellungen benötigen wir auch den gesamten komplexen lebenden Organismus, um diese zu beantworten. Im Tierversuch sind Tiere unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt, und ich sehe es als Verpflichtung aller Beteiligten, diese Belastungen immer wieder zu prüfen und auf ein mögliches Minimum zu reduzieren. Für mich gilt in allen Bereichen, in denen wir Menschen Tiere nutzen, ob als Nahrung, als Haustier oder im Tierversuch der Grundsatz, dass wir diesen Tieren ein gutes, möglichst belastungsfreies und artgerechtes Leben ermöglichen müssen. Ich lebe mit der Erkenntnis: „Gut ist nie gut genug“ Wir können und müssen uns immer wieder hinsichtlich möglicher Verbesserungen des Tierwohls, egal in welchem Bereich, überprüfen und unser Handeln entsprechend ändern. „Tierschutz ist kein Luxus, sondern eine absolute Verpflichtung jedes Einzelnen“

Statement der Tierschutzbeauftragten

Statement der Tierschutzbeauftragten

 

Letztes Update: 26.09.2024