19.04.2023
Allergie gegen Hausstaubmilben: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile
Aktuell verfügbare Routinetestung gegen Hausstaubmilben beinhalten nur einen Bruchteil der allergenen Proteine, die bei den Betroffenen Allergien hervorrufen können. Eine Studie, die in der Fachzeitschrift Allergy erschienen ist, zeigt jedoch, dass die Art und die Schwere der allergischen Symptome damit zusammenhängen, gegen welche und gegen wie viele Allergene die Patientinnen und Patienten sensibilisiert sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind ein wichtiger Schritt, um die Diagnostik und die Risikobewertung in Zukunft weiter zu optimieren.
Viele Substanzen, die allergische Reaktionen auslösen, werden durch die Luft übertragen. Neben Tierhaaren, Pollen oder Schimmelpilzen zählen die Hausstaubmilben zu einer der wichtigsten Quellen für luftübertragene Allergien. Schätzungen zufolge sollen bis zu 5 Millionen Menschen in Deutschland an dieser Form der Allergie leiden. Die Betroffenen reagieren dabei auf verschiedene Eiweiße, die von den Milben ausgeschieden und mit dem Milbenkot auf Staubpartikel und in die Luft gelangen.
Um herauszufinden, auf welche Allergene Patientinnen und Patienten reagieren, kommen heutzutage verschiedene Allergietests zum Einsatz. Die Hauttestlösungen basieren auf wässrigen Extrakten der Hausstaubmilben, von denen bekannt ist, dass das enthaltene Allergenspektrum unvollständig ist. Für den IgE-Antikörpernachweis im Blut stehen neben den wässrigen Hausstaubmilbenextrakten lediglich vier der 32 bisher bekannten Allergene der europäischen Hausstaubmilbe für die Einzeldiagnose zur Verfügung. Somit ist es möglich, dass der Auslöser der Allergie nicht gefunden wird und das Leiden des Betroffenen nicht adäquat behandelt werden kann. Eine frühzeitige Behandlung ist jedoch sehr wichtig, da die Hausstaubmilbenallergie mit der Entwicklung und dem Schweregrad von allergischem Asthma und atopischer Dermatitis in Verbindung gebracht wird.
In der Studie, die von Forschenden aus dem Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universität zu Lübeck durchgeführt wurde, wurden nun weitere Allergene der europäischen Hausstaubmilbe auf ihre Bedeutung für individuelle Patientinnen und Patienten sowie Gruppen von Patienten mit bestimmten Formen der Hausstaubmilbenallergie untersucht. Dabei hat die Pharmazeutin und Doktorandin in der Forschungsgruppe von Prof. Uta Jappe, Theresa Walsemann, neun verschiedene Hausstaubmilbenallergene hergestellt und mit Material von allergischen Patientinnen und Patienten untersucht.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass die Schwere und die Art der Reaktionen damit zusammenhängt, auf welche und auf wie viele Allergene die Patientinnen und Patienten reagieren: Lag eine Sensibilisierung auf mehr als drei Allergene der Hausstaubmilbe vor, so war diese häufig mit allergischem Asthma assoziiert, bei der Reaktion auf nur eines der 32 potenziellen Allergene traten bei den Betroffenen vor allem isolierter Schnupfen ohne weitere Symptomatik auf. „Die Ergebnisse unserer Studie zeigen deutlich, wie wichtig es ist, die Routinediagnostik auszuweiten und weitere Allergene in diese Testungen auszunehmen,“ so Prof. Uta Jappe, Leiterin der Forschungsgruppe „Klinische und Molekulare Allergologie“ am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum. „Bisher wurde das Augenmerk nicht ausreichend auf Sensibilisierungszahl und besonders risikobehaftete Allergene gelegt. Dies ist aber ein wichtiger Faktor, um die Risikoabschätzung für Erkrankte zu verbessern.“
Publikation: Walsemann T, Böttger M, Traidl S, Schwager C, Gülsen A, Freimooser S, Roesner LM, Werfel T, Jappe U. Specific IgE against the house dust mite allergens Der p 5, 20 and 21 influences the phenotype and severity of atopic diseases. Allergy. 2023;78(3):731-742. doi: 10.1111/all.15553
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