11.11.2024
COPD & Asthma: Fruchtfliegen als alternatives Modell in der Lungenforschung
Etwa 600 Millionen Menschen weltweit leiden unter Asthma und COPD. Um die Entstehung und die Entwicklung dieser chronischen Lungenerkrankungen zu verstehen, werden in der Wissenschaft häufig Säugetiermodelle eingesetzt. Forschende aus dem Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben Drosophila melanogaster als alternatives Modell zur Untersuchung dieser Atemwegserkrankungen untersucht. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift International Journal of Molecular Sciences konnten sie zeigen, dass die Fruchtfliege eine relevante und attraktive Alternative für zukünftige Forschung darstellen kann.
Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und Asthma sind weltweit die mit Abstand häufigsten Atemwegserkrankungen. Da beide Lungenkrankheiten bislang unheilbar sind, müssen die der Entstehung und dem Fortschreiten der Krankheit zugrunde liegenden Mechanismen unbedingt verstanden werden, um die Krankheitsentstehung zu verhindern oder neue therapeutische Ansätze zu entwickeln. Es ist bekannt, dass Umgebungseinflüsse wie Zigarettenrauch in der frühen Kindheit das spätere Krankheitsrisiko erhöhen. Um die Pathomechanismen zu erforschen, die zu einer späteren Erkrankung der Atemwege führen, sind Säugetiermodelle von großer Bedeutung. Allerdings sind solche Experimente nicht nur zeitaufwändig, sondern auch sehr belastend für die Tiere.
Die Fruchtfliege Drosophila melanogaster bietet viele Vorteile für die Forschung auf diesem Gebiet. Zum einen ist Drosophila melanogaster ein Insekt mit einem kurzen Lebenszyklus von etwa 10 Tagen bei 25 °C. Dieser Lebenszyklus umfasst vier Entwicklungsstadien: Ei (Embryo), Larve, Puppe und Erwachsener. Diese kurze Lebensspanne erleichtert sogenannte generationsübergreifende Studien, bei denen überprüft werden kann, wie bei Kindern das Risko im späteren Leben an Atemwegserkrankungen zu leiden, früh geprägt wird. Zudem ist Drosophila melanogaster ein besonders attraktives Modell zur Untersuchung von durch Zigarettenrauch verursachten Lungenerkrankungen wie COPD. Wie beim Menschen besteht auch das Atmungssystem der Fruchtfliege aus hierarchisch angeordneten Verzweigungen und das Epithel der Atemwege besteht aus einer physikalischen und immunologischen Barriere. Alle eingeatmeten Schadstoffe treffen sowohl bei Menschen als auch in der Furchtfliege zunächst auf das Oberflächenepithel der Lunge. Erste Ergebnisse zeigen, dass Zigarettenrauch, wie bei COPD-Patienten, das Körperfett der Fruchtfliegen reduziert, den Stoffwechselumsatz erhöht und die Entwicklung der Atemwege stört. Darüber hinaus verringerte die Exposition von Jungfliegenweibchen gegenüber E-Nikotin das Wachstum ihrer Nachkommen von der Larve über die Verpuppung bis hin zur erwachsenen Fliege erheblich.
Mit der vorliegenden Arbeit konnten die Forschenden den Grundstein für die weitere Verwendung des alternativen Modells in der COPD-, Asthma- und Atemwegsforschung legen und zeigen, dass dieses Modell dazu beitragen kann, den Einsatz von Säugetiermodellen im Einklang mit den 3R-Prinzipien (reduce, refine, replace) zu reduzieren. Das Modell kann in Zukunft nicht nur in der COPD und Asthmaforschung, sondern auch in anderen Bereichen, wir der Krebsforschung erfolgreich zum Einsatz kommen.
Publikation:
Ehrhardt, B.; Roeder, T.; Krauss-Etschmann, S. Drosophila melanogaster as an Alternative Model to Higher Organisms for In Vivo Lung Research. Int. J. Mol. Sci. 2024, 25, 10324. https://doi.org/10.3390/ijms251910324
Kontakt
Prof. Dr. Susanne Krauss-Etschmann
Programmdirektorin Chronische Lungenerkrankungen
T +49 4537 / 188-5850
krauss-etschmann@fz-borstel.de