12.11.2024
Sub-Sahara SeqNet Projekt: das südafrikanische Land Eswatini ist Vorreiter bei der Einführung der genombasierten Diagnostik von arzneimittelresistenter Tuberkulose
Auf der Jahrestagung des vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) geleiteten wissenschaftlichen Projekts „Sub-Saharan SeqNet“ betonte der Gesundheitsminister Eswatinis die Vorreiterrolle seines Landes bei der Einführung genom-basierter Diagnostik für den Nachweis multiresistenter Tuberkulose (TB). Die Konferenz fand am 25. Oktober 2024 in Mbabane, der Hauptstadt des Königreichs Eswatini, statt.
Laut WHO zählt Eswatini zu den 30 Ländern mit der höchsten HIV-assoziierten Tuberkulose (TB)-Inzidenz der Welt. Die Tuberkulosekrise wird vor Ort durch einen arzneimittelresistenten Stamm von Mycobacterium tuberculosis, des Erregers der TB, verschärft. Bei der sogenannten RpoB I491F-Genmutation handelt es sich um eine schwer nachweisbare Mutation, die von vielen handelsüblichen Tuberkulose-Diagnosetests nicht erkannt wird. Dank der jüngsten technologischen Fortschritte in der Sequenzierung bakterieller DNA ist Eswatini nun in der Lage, diese Mutation und andere Arzneimittelresistenzen in der Routine Diagnostik genau zu identifizieren. Ärzten und Ärztinnen wird damit erlaubt eine präzise und erfolgversprechende Therapie zu verordnen. Es wird dadurch eine wirksame Patientenversorgung ermöglicht und das Übertragungsrisiko verringert.
Das Sub-Sahara-SeqNet-Projekt, das diesen Fortschritt ermöglicht hat, wird im Rahmen des Global Health Protection Program (GHPP) vom deutschen Gesundheitsministerium finanziert. Das GHPP wurde 2016 im Rahmen des Engagements der G7 für die Stärkung der globalen Gesundheitssysteme ins Leben gerufen und fördert die globale Gesundheitssicherheit und Krankheitsprävention. Seit 2019 ist das Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum eines von sieben deutschen Fachinstituten, die am GHPP teilnehmen und weltweit Projekte zur Stärkung der öffentlichen Gesundheitsinfrastruktur durchführen.
Die Jahrestagung des Subsahara-SeqNet-Projekts in Mbabane brachte fast 100 Teilnehmende zusammen, darunter renommierte Gesundheitsexperten, politische Entscheidungsträger und internationale Partner aus Deutschland, Italien, den USA, Namibia und Mosambik, um Fortschritte und Strategien zur Bewältigung einer der drängendsten Gesundheitsherausforderungen nicht nur in Eswatini zu diskutieren.
Das GHPP ermöglichte nationalen TB-Laboren in Eswatini, Mosambik und Namibia gemeinsam mit den Experten am FZB, des Ospedale San Rafaelle in Italien und des Baylor College of Medicine in den USA ein Netzwerk von Experten aufzubauen, um moderne Technologien in den von TB stark betroffenen afrikanischen Partnerländern zugänglich zu machen. Dadurch konnte in den letzten fünf Jahren die Next Generation Sequencing (NGS)-Technologie, die die genombasierte Diagnose von resistenter TB erst ermöglicht, in Namibia, Mozambik und Eswatini eingeführt werden. Diese Partnerschaft stärkt nachhaltig die lokalen Kapazitäten durch Bioinformatik- und Laborschulungen und entwickelt gemeinsam neue Diagnoserichtlinien und Arbeitsabläufen, um ein wirksames TB-Management zu gewährleisten. Genombasierte Diagnostik für resistente TB wurde erfolgreich am Instituto Nacional de Saúde in Maputo, Mosambik, an der Universität von Namibia in Windhoek, Namibia, und am Nationalen Tuberkulose-Referenzlabor in Mbabane, Eswatini, eingeführt. Die Labortechniker und Bioinformatiker an den einzelnen Standorten sind nun in der Lage, den gesamten NGS-Prozess von der Probenvorbereitung bis zur Datenanalyse selbstständig durchzuführen und ein umfassendes Resistenzprofil für TB-Patienten zu erstellen. Auf Basis dieses Resistenzprofils können Ärztinnen und Ärzte eine gezielte, individuelle Therapie verordnen, die es TB-Patienten ermöglicht, zu einem normalen Leben zurückzukehren und Todesfälle zu verhindern. Denn TB ist heilbar – vorausgesetzt, es steht eine wirksame Behandlung zur Verfügung
Als Vertreterin der deutschen Botschaft in Pretoria lobte Dr. Anna Montén-Küchel das deutsche Engagement für die globale Gesundheit und bezeichnete das Sub-Sahara SeqNet-Projekt als ein Vorzeigebeispiel für internationale Zusammenarbeit. „Dieses Projekt ist ein Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit von Experten über Grenzen hinweg zu Durchbrüchen in der Gesundheitsversorgung und zur Verbesserung der Gesundheitsergebnisse führen kann", so Dr. Montén-Küchel (Foto).
Gesundheitsminister Mduduzi Matsebula (Foto) hob die Bedeutung des Projekts hervor und erklärte: „Diese Initiative ist ein entscheidender Schritt in unserem Kampf gegen die Tuberkulose in Eswatini. Die Fähigkeit, arzneimittelresistente Stämme schnell zu erkennen, ermöglicht es uns, wirksamer zu reagieren und die Qualität der Versorgung für unsere Bevölkerung zu verbessern.“
Am Ende der Vormittagssitzung lobte Professor Stefan Niemann (Foto), der deutsche Koordinator des Sub-Sahara SeqNet Projekts, die bisher erzielten Erfolge und zeigte sich optimistisch, dass „NGS-basierte Diagnostik nicht nur das Tuberkulosemanagement unterstützen, sondern auch bei der Reaktion auf neu auftretende globale Gesundheitsbedrohungen helfen wird.“
Die Tagung des Sub-Sahara-SeqNet-Projekts bot ein vielseitiges Programm mit Präsentationen lokaler Mitarbeiter, Ansprachen von Behördenvertretern, wissenschaftlichen Vorträgen und aktuellen Projektupdates. Die Teilnehmenden diskutierten die Umsetzung, Nachhaltigkeit, zukünftige Ziele und die langfristige Wirkung des Projekts für die Region Subsahara-Afrika.
In den Schlussbemerkungen wurde das starke Engagement für eine kontinuierliche Zusammenarbeit und Investitionen in fortschrittliche Diagnostik zur Bekämpfung von Tuberkulose und anderen Infektionskrankheiten betont – ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines widerstandsfähigen globalen Gesundheitssystems. Die Veranstaltung endete mit einem Abendessen, das die Leistungen aller Beteiligten würdigte und eine wertvolle Gelegenheit für Networking und Teambildung bot.