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Foto: Adobe Stock

 02.10.2025

Tuberkulose und Migration: Die Schwächsten schützen

Tuberkulose (TB) bleibt eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten weltweit – und sie trifft besonders Menschen, die auf der Flucht oder in Bewegung sind. In Deutschland entfallen fast drei Viertel aller TB-Fälle auf Personen, die nicht im Land geboren wurden. Wie Migration, Armut und Krieg die Ausbreitung von TB in Europa beeinflussen, war Thema eines Symposiums des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB), auf dem 14. Kongress für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit in Hamburg. Das Symposium wurde von Dr. Thomas Brehm und Prof. Christoph Lange (beide FZB und UKE, Hamburg) geleitet.

Die Veranstaltung begann mit dem Film „Tuberkulose: Krankheit im Gepäck“, der zeigt, wie die Erkrankung Menschen begleitet, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Der Film ist ein gemeinsames Projekt des FZB mit den Hamburger Filmemachern Anke Petersen und Christian Hornung. Die Filmemacher und der Protagonist waren anwesend und gaben dem Publikum Einblicke in ihre Erfahrungen; ein eindrücklicher Auftakt für die anschließende Diskussion über die menschlichen Folgen der Krankheit.

Zentrale Ergebnisse des Symposiums:

Tuberkulose ist eine Krankheit mit historischem Bezug: Dr. Niklas Köhler stellte Forschungsergebnisse des FZB in Zusammenarbeit mit dem europäischen Forschungsnetzwerk TBnet vor. Viele TB-Patient:innen in Europa stammen aus Regionen, die historische Verbindungen zu ihrer heutigen Heimat haben. So sind in Großbritannien häufig Menschen aus Indien betroffen, in Frankreich Personen aus Algerien und Westafrika, und in Spanien Menschen aus Südamerika. Diese Erkenntnisse verdeutlichen, dass „One-size-fits-all“-Lösungen in der TB-Prävention nicht wirksam sind. Stattdessen sind maßgeschneiderte Strategien erforderlich, die das jeweilige Risiko in verschiedenen Bevölkerungsgruppen berücksichtigen.

Der Krieg in der Ukraine verschärft die Lage: Dr. Krista Stoycheva präsentierte Forschungsergebnisse des FZB in Zusammenarbeit mit dem European Centers for Disease Control and Prevention (ECDC) in Stockholm. Durch den russischen Angriffskrieg mussten bis zu 10 Millionen Ukrainer:innen fliehen. Innerhalb von zwei Jahren wurde die Ukraine von einem Land mit mittlerer TB-Inzidenz wieder zu einem Hochinzidenzland. Ein Drittel der Patient:innen leidet dort an multiresistenter TB – und inzwischen stammt die Hälfte aller multiresistenten Fälle ausländischer Herkunft in der EU/EEA aus der Ukraine.

Kinder sind besonders gefährdet: Dr. Anca Vasiliu stellte Ergebnisse des FZB zu Risiken bei Erwachsenen und Kindern vor, die ebenfalls auf der Forschungsplattform TBnet erarbeitet wurden. Besonders zugewanderte Kinder sind gefährdet: Fast ein Prozent der nach Europa kommenden Kinder leidet bereits bei Ankunft an aktiver TB. Ohne frühzeitigen Schutz und Behandlung sind ihre Heilungschancen geringer als die von Kindern, die in Europa geboren wurden.

Warum das wichtig ist:

Tuberkulose ist nicht nur eine medizinische Herausforderung, sie ist eine menschliche. Sie betrifft Menschen, die vor Armut, Krieg oder Verfolgung fliehen, oft in Momenten größter Verletzlichkeit. Fachleute betonten, dass der Schutz von Migrant:innen vor TB nicht nur eine Frage der öffentlichen Gesundheit ist, sondern auch der Fairness und Solidarität. Dringend gebraucht werden Strategien, die an die Lebensrealitäten und Risiken der Betroffenen angepasst sind.


 

 

 

 

Kontakt

Stefan Niemann

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christoph Lange

DZIF TTU TB (ClinTB)
T +49 4537 / 188-3010 (Sekretariat)
F +49 4537 / 188-6030
clange@fz-borstel.de

 

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