Programmbereich Chronische Lungenerkrankungen

Klinische und Molekulare Allergologie

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Hinweis

Es besteht die Möglichkeit zur Anfertigung von Bachelor- oder Masterarbeiten für Studentinnen/Studenten der Studiengänge Biologie, Biochemie, Lebensmittelchemie, Ernährungswissenschaften sowie verwandter Naturwissenschaften. Infos erhalten Sie hier. In diesen Bereichen werden ebenfalls Dissertationen vergeben – Bitte Ausschreibungen beachten.

Allgemeines

Allergien sind komplexe Multiorganerkrankungen, deren Häufigkeit rapide zunimmt. 12,3 Mio. Menschen in Deutschland haben eine allergische Erkrankung (ohne Asthma). Damit besitzen Allergien inzwischen den Status einer „Volkskrankheit“. Einige Allergien sind lebensbedrohlich oder sind Wegbereiter für chronische Erkrankungen wie z.B. die Entwicklung des Asthma bronchiale aus einer vorbestehenden allergischen Rhinitis (z.B. „Heuschnupfen“) im Sinne des „Etagenwechsels“. Sie sind chronisch-rezidivierend (wie die allergische Rhinokonjunktivitis) und führen somit zur Minderung der Lebensqualität sowie zu erheblichen Leistungseinschränkungen und dadurch nicht zuletzt zu großen sozio-ökonomischen Belastungen (Weißbuch Allergologie in Deutschland 2018).

Das Krankheitsbild der Allergie entsteht durch eine überschießende Reaktion des Immunsystems gegen an sich harmlose Substanzen natürlichen Ursprungs.

Die Forschungsgruppe Klinische und Molekulare Allergologie untersucht den Einfluss der Allergenstruktur auf die Sensibilisierung(swege) und die Schwere sowie Lokalisation der allergischen Symptomausprägung (siehe Abbildung 1).

Aktuelle Projekte und Fragestellungen der Forschungsgruppe

Abbildung 1: Aktuelle Projekte und Fragestellungen der Forschungsgruppe (zum Vergrößern anklicken)

Ziel: Vorhersage des Schweregrads der Allergie, Unterscheidung von Asthmaphänotypen sowie Vorhersage des Therapieerfolgs anhand individueller Sensibilisierungsprofile und Markerallergene

 

Projekte

 

1. Identifizierung/Charakterisierung neuer Allergene (CARE)

Die Identifizierung neuer Allergene ist ein Kernpunkt unserer Arbeiten und dient dazu, Biomarker für die klinische Diagnostik zu etablieren. Die Charakterisierung der Proteine hinsichtlich Struktur, Molekulargewicht, hydrophiler/lipophiler Eigenschaften, Funktion (z. B. Protease) und Patienten-IgE Bindung soll dabei helfen, die Frage zu klären: Was macht ein Molekül zum Allergen?

So gelang es der Forschungsgruppe bereits, Einzelallergene aus Nahrungsmittelallergenquellen pflanzlichen Ursprungs zu identifizieren und zu isolieren, die als Markerallergene mit dem Schweregrad der Symptomatik assoziiert zu sein scheinen. Zu den identifizierten Allergenen zählen: das Lipidtransferprotein der Haselnuss Cor a 8, das Speicherprotein der Erdnuss Ara h 6, das Lipidtransferprotein Erdnuss Ara h 9 sowie im Jahr 2015 die Erdnuss-Defensine Ara h 12 und Ara h 13 und die Oleosine der Erdnuss Ara h 14 und Ara h 15. Untersuchungen mit dem Blut von Patienten mit leichter und schwergradiger Erdnussallergie zeigten bereits, dass nur diejenigen Patienten mit schwerer Erdnussallergie IgE-Antikörper gegen die Oleosine aufweisen.

Die isolierten und charakterisierten Allergene sind wichtige Ausgangspunkte für die

  • Aufklärung von Sensibilisierungswegen (CONTROL)
  • Aufklärung der Krankheitsentstehung (CONTROL)
  • Identifizierung von Biomarkern zur Verbesserung der Diagnostik und Therapie (CARE)

 

2. Aufklärung von Sensibilisierungswegen (CONTROL)

Die Sensibilisierung gegen bestimmte Allergene und die daraus sich entwickelnde Entstehung der Allergie mit den bekannten Symptomen sind noch nicht aufgeklärt. Die Erdnussallergie ist aufgrund der Schwere der allergischen Reaktion bei geringem Allergenkontakt eine hierfür sehr geeignete „Modellerkrankung“.

Die Sensibilisierung bei Nahrungsmittelallergien erfolgt über die Grenzflächen a) Verdauungstrakt (Stillen und oral über die Ernährung), b) die Haut (für die Erdnussallergie derzeit der favorisierte Sensibilisierungsweg), c) den Atmungstrakt, oder bereits im d) Mutterleib (in utero) (Abbildung 1, Punkt 1).

In der Gruppe konnte vor kurzem gezeigt werden, dass Markerallergene der Erdnuss, die Speicherproteine Ara h 2 und Ara h 6, in die Milch Erdnuss-konsumierender Mütter übertreten. In der Allergologie ist nun die Frage bedeutsam, ob eine Erdnussexposition des Säuglings in der Stillzeit einen Sensibilisierungsweg oder möglicherweise sogar einen Weg zur Toleranzinduktion darstellt.

Da einige Erdnusseinzelallergene offenbar umweltstabil sind und über die Luft vermittelt werden können (z.B. Bronchospasmus nach Öffnen einer Erdnussflipstüte bei schweren Erdnussallergikern), verwenden wir sie als Werkzeuge in Projekten des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) zur mechanistischen Aufklärung der oben genannten Prozesse am Atemtrakt.

Ein besonderer Fokus unserer Arbeit liegt dabei auf der Interaktion von lipophilen Allergenen und den Lipiden der entsprechenden Allergenquelle (Matrix) sowie ihrem Einfluss auf die Allergenität. Des Weiteren wird untersucht, ob und mittels welcher verschiedener Mechanismen lipophile Allergene für schwere allergische Reaktionen bzw. die Asthmaentstehung verantwortlich sind. Diese Fragestellung wird im Flagship Project Basic Science des DZL bearbeitet (Koordination: Prof. Uta Jappe).

Neben der Erdnussallergie als einer der am schwersten verlaufenden Nahrungsmittelallergien werden Einzelallergene der Inhalationsallergenquelle Hausstaubmilbe zur Erfassung individueller Sensibilisierungsprofile rekombinant hergestellt und in neu entwickelten, serumsparenden IgE-Nachweismethoden eingesetzt.

Diese Tests ermöglichen es, bereits bei ganz kleinen Kindern aus Allergikerfamilien, von denen naturgemäß wenig Blut gewonnen werden kann (DZL-ALLIANCE-Kohorte), diejenigen Einzelallergene zu identifizieren, die als „Initiatorallergene“ die allerersten Sensibilisierungen auslösen.

Das ist nicht nur für das Verständnis der Erkrankung, sondern auch für die Entwicklung von Therapiekonzepten bzw. die Entscheidung, welche Patienten von einer Therapie profitieren und welche voraussichtlich nicht, von größter Bedeutung (Abbildung 1, Punkt 2 und Punkt 4).

 

3. Aufklärung der Krankheitsentstehung (CONTROL)

Entscheidend für die Aufklärung des Pathomechanismus der Soforttyp- (Typ I)-Allergie ist es herauszufinden, wie es zur individuellen Auslösung der Bildung bestimmter Allergie-vermittelnder Antikörper vom IgE-Typ durch die einzelnen Allergene kommt. Dazu wird unter anderem die spezifische Interaktion von Allergenen an Grenzflächen (Oberflächenepithelien) (Atmungstrakt bzw. Gastrointestinaltrakt) untersucht. Ziel ist es aufzuklären, wie die Verstoffwechselung der Allergene erfolgt, ob es hierbei Unterschiede zwischen Allergikern und Nichtallergikern gibt, und wie es zur Fehlregulierung und damit zur Sensibilisierung und schließlich zur allergischen Reaktion kommt. Die Aufklärung der Pathomechanismen ist die rationale Vorgehensweise, um die Krankheit Allergie zu bekämpfen.

 

4. Identifizierung von Biomarkern zur Verbesserung der Diagnostik und Therapie (CARE)

Die Identifikation von Biomarkern im Serum von allergischen Patienten ist ein weiteres wichtiges Forschungsfeld unserer Gruppe. Diese Biomarker sind beispielsweise a) verstoffwechselte und/oder immunologisch veränderte Allergene, b) Allergen-gekoppelte Trägermoleküle, c) Antikörper vom Typ IgE, aber auch d) andere Antikörperklassen (IgG, IgA, etc.), die gegen Allergene gerichtet sind. Dabei können bestimmte IgE-bindende Motive als Risikofaktoren für die Schwere der Symptomausprägung dienen, oder auch ein bestimmtes (IgE-assoziiertes) Antikörper-Risikoprofil des Patienten. Als Beispiel gilt für Erdnussallergiker z. B. IgE-Positivität für die Speicherproteine Ara h 1, Ara h 2 und Ara h 3 sowie für die Oleosine (Ara h 10, Ara h 11, Ara h 14 und Ara h 15 (Abbildung 1, Punkt 4).

Der Nachweis von IgE-Antikörpern gegen Einzelallergene stellt eine molekülspezifische Diagnostik dar, deren Aussagefähigkeit je nach Allergenquelle und klinischer Charakterisierung der Einzelallergene zu klären ist. Dieses wiederum ist nur möglich durch die enge klinische Anbindung der Forschungsgruppe an die von Frau Prof. Dr. med. Uta Jappe zusätzlich in Personalunion geleiteten Interdisziplinären Allergie-Ambulanz im UKSH Campus Lübeck an der Universität zu Lübeck (UzL).

Optimierung der Individualisierten Diagnostik

Die Identifizierung und Charakterisierung relevanter Einzelallergene, die Klonierung und Produktion als rekombinante Allergene sowie die Synthese IgE-Epitop darstellender Peptide ermöglicht eine Komponenten-aufgelöste Diagnostik. Dadurch können IgE-Antikörper, die für ein allergenes Protein oder ein sequenzielles Epitop spezifisch sind, nachgewiesen werden. So lassen sich individuelle Sensibilisierungsmuster (Allergogramme) der Patienten gegen verschiedene a) Proteine z. B. allergener Nahrungsmittel (z. B. Erdnuss, Lupine), Hausstaubmilbenallergene, Pollen, Medikamente (Biologika), etc., oder gegen b) homologe, d.h. strukturverwandte, Proteine in verschiedenen Nahrungsmitteln oder gegen c) verschiedene Antikörper-bindende Motive (IgE-Bindungsstellen) eines einzelnen Allergenmoleküls erstellen (Präzisionsdiagnostik). In den letzten drei Jahren gelang es, Markerallergene für die Schwere der allergischen Reaktion aus der Erdnuss zu isolieren (Oleosine). Da diese Allergene nicht wasserlöslich sind, kommen sie in den bisherigen Diagnostik – und wahrscheinlich auch Therapie-Lösungen nicht vor.

Wir arbeiten derzeit daran, sie für die Routinediagnostik zugänglich zu machen und überprüfen parallel ihre Applikation in Therapiemodellen.

Weiterhin können wir den Patienten in unseren Allergie-Ambulanzen inzwischen eine empfindliche Multianalyten-Diagnostik zur Abklärung der verzögerten Anaphylaxie auf Säugetier-Fleisch (alphaGAL-Syndrom) anbieten, der einige Fälle, die mittels Routineverfahren nicht identifizierbar waren, aufklären half (Präzisionsdiagnostik).

In einem weiteren Projekt konnten wir bereits einzelne Epitope auf Biologika (Therapieantikörper) aufklären, die verantwortlich für den Wirkverlust zu sein scheinen (Proof-of-Principle). Wir untersuchen des Weiteren das Blut von Patienten mit allergischen Reaktionen auf Biologika mit dem Ziel, in Zukunft vor, unter und nach Therapie gegen die Biologika gerichtete Allergie- und/oder Wirkverlust vermittelnde Antikörper nachzuweisen. Damit wird die Voraussetzung dafür geschaffen, rechtzeitig das Biologikum zu wechseln und eine Alternative zu wählen, die sicher UND wirksam ist, bei der es also nicht durch Kreuzreaktivität über Allergengemeinschaften von vornherein zu Wirkverlust oder Hyperreaktivität kommt (individualisierte Diagnostik, Präzisionsdiagnostik) (Abbildung 1, Punkt 4).

ImproviNg DIagnostiCs And ThErapy of Food Hypersensitivity (INDICATE-FH): Ein neues BMBF-Verbundprojekt

Vor kurzem haben wir ein neues Verbund-Projekt zur verbesserten Diagnostik der Weizenunverträglichkeit in Kollaboration mit dem Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (Universität Lübeck) und der Universität Hohenheim begonnen, mit dem Titel "Neue Wege in der Diagnostik und Therapie von Nahrungsmittelunverträglichkeiten", abgekürzt als INDICATE-FH aus dem Englischen "ImproviNg DIagnostiCs And ThErapy of Food Hypersensitivity".Nahrungsmittelunverträglichkeiten gegenüber Weizenmehl sind in der medizinischen Praxis häufig auftretende Probleme. In vielen Fällen werden die unspezifischen gastrointestinalen Symptome als Reizdarmsyndrom fehlinterpretiert. Hauptursache hierfür ist das Fehlen von spezifischen Biomarkern und praxistauglichen Diagnoseverfahren. Das Hauptziel des Projekts ist es, die bestehende Diagnostik für Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS) in Abgrenzung zu Zöliakie (CD), Weizenallergie (WA) und zum Reizdarmsyndrom zu optimieren. Die FG Klinische und Molekulare Allergologie befasst sich mit der Pathogenese von und Verbesserung der Diagnostik für Weizenallergie. Es werden allergene Proteine aus Weizen und Lupine identifiziert, gereinigt, charakterisiert und rekombinant hergestellt, um die Sensitivität und Spezifität von Allergietests zu verbessern. Mit Hilfe dieser Einzelallergene werden Antikörper- und Zell-basierte Assays entwickelt und optimiert mit dem Ziel, zukünftig sicherer die WA von CD und NCWS sowie Darmerkrankungen anderer Genese unterscheiden zu können. Zusätzlich werden die Einzelallergene daraufhin untersucht, ob sie im Sinne eines Biomarkers mit der Schwere einer allergischen Reaktion assoziiert sind. Darüber hinaus soll mittels Transkriptom- und Methylom-Analysen auf Kandidatengene mit Biomarker-Potenzial geprüft werden, die in Zukunft die Unterscheidung zwischen allergischen und nicht-allergischen Reaktionen auf Weizen anhand eines einfachen Bluttests ermöglichen könnten (Prof. T. Goldmann, Borstel). Die rekombinanten Einzelallergene des Weizens sowie die neu identifizierten Allergene der Lupine dienen zur mechanistischen Pathogeneseaufklärung. Dadurch wird die Diagnose und –letztendlich - die Behandlung von Patienten mit Symptomen auf Weizenprodukte optimiert, was für viele Patienten eine Erleichterung darstellt, da sie ihre Ernährung entsprechend umstellen können um möglichst beschwerdefrei durch den Alltag zu kommen.

 

5. Aufbau von Registern und Datenbanken

Die Daten, die im Rahmen von Registern und Datenbanken gesammelt werden, finden Eingang in epidemiologische Studien und dienen der Überwachung im Hinblick auf das Auftreten von neuen Allergenen. Des Weiteren arbeitet die Forschungsgruppe mit der BioMaterialBank (BMB) Nord zusammen.

 

Weitere Links


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Klinik

 

Letztes Update 10.05.2023.