20.04.2022
Dank Borsteler Initiative: Offizieller Start eines Tuberkulose-Sequenzierungsprojektes in Mbabane/Eswatini
Laut WHO zählt Eswatini zu den 30 Ländern mit der höchsten HIV-assoziierten Tuberkulose (TB)-Inzidenz der Welt. Oftmals handelt es sich um multiresistente (MDR) Tuberkulose, die im Nationalen Referenzlabor in Mbabane nicht nachgewiesen werden kann. Dank der nun etablierten Sequenzierungstechnologie wird Eswatini in Zukunft in der Lage sein, medikamentenresistente TB-Fälle durch molekulare Diagnostik auf der Grundlage der Genomsequenzierung des Erregers zu erkennen. Darüber hinaus wird die Einführung dieser neuen Technologie auch die Diagnose und Überwachung anderer Krankheitserreger verbessern.
Der Direktor des Gesundheitsdienstes in Eswatini, Dr. Vusi Magagula, gab den Startschuss für ein TB-Sequenzierungsprojekt im Beisein des deutschen Partners Prof. Dr. Stefan Niemann vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) während der offiziellen Eröffnung des Labors am 15. März 2022 in Mbabane/Eswatini. Dr. Magagula berichtete, dass das Land mit Mitteln des „Global Health Protection Program“ (GHPP) des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit zwei iSeq 100 Sequenzierplattformen erhalten hat, die für die genomische Sequenzierung von Krankheitserregern eingesetzt werden sollen. Diese auch Next Generation Sequencing (NGS) genannte Technologie kann den schnellen Nachweis von Arzneimittelresistenz-vermittelnden Mutationen im Genom des Tuberkulose-Erregers Mycobacterium tuberculosis (Mtb) oder die molekulare Charakterisierung von SARS-CoV-2-Varianten unterstützen. Zudem hat diese Technologie das Potenzial, für die Modernisierung der Diagnostik und Überwachung anderer Infektionskrankheiten, wie z. B. HIV, eingesetzt werden zu können.
Die Einführung dieser Technologie erfolgte, nachdem die Forschungsgruppe von Stefan Niemann am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum herausgefunden hatte, dass in Eswatini multiresistente Tuberkulosestämme mit der sogenannten I491F-Mutation vorkommen. Diese Mutation vermittelt eine Resistenz des TB-Erregers gegenüber Rifampicin, einem der effektivsten Antibiotika gegen Tuberkulose. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen klassischen genotypischen Methoden zum Nachweis von Antibiotikaresistenzen erkennen diese durch die I491F-Mutation vermittelte Resistenz nicht. So werden durch die Routinediagnostik mit dem GeneXpert MTB/RIF schätzungsweise 58% der Rifampicin-Resistenten Fälle durch das National Referenzlabor in Eswatini übersehen. Im Rahmen des internationalen Engagements des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit führen die folgenden Institutionen gemeinsam das sogenannte SeqMDRTB_NET-Projekt durch: (1) das Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB), (2) das Supranationale TB Referenzlabor am „Ospedale San Raffaele“ in Mailand, (3) das Baylor College Eswatini in Mbabene und (4) das Gesundheitsministerium von Eswatini.
SeqMDRTB_Net ist auf eine Initiative von Prof. Stefan Niemann zurückzuführen, ein Netzwerk aufzubauen, um Sequenziertechnologien da einzusetzen, wo konservative Methoden zu viel Zeit und Aufwand erfordern, um dringende Fragen im Kampf gegen Infektionskrankheiten zu beantworten. Ursprünglich gegründet, um neu auftretende resistente TB-Stämme in Ländern wie Mosambik, Namibia und Eswatini aufzuspüren, wurde das technologische Know-how des Netzwerks auch auf die Charakterisierung von Varianten von SARS-CoV 2 ausgedehnt, die in den afrikanischen Partnerländern zirkulieren.
SeqMDRTB_NET wird Eswatini bei der Einführung der neuen Sequenzierungstechnologien als Diagnoseinstrumente für die schnelle Vorhersage von Arzneimittelresistenzen unterstützen und helfen die bestehenden Lücken zu schließen, die bisher eine erfolgreiche TB-Bekämpfung verhindert haben. Die Hauptziele dieses Projekts sind Technologietransfer, die Entwicklung von Leitlinien und diagnostischen Arbeitsabläufen, der Aufbau von benötigten Infrastrukturen und die Ausbildung von Experten für bioinformatische Analysen.
"Mit dieser Technologie können wir die Diagnose von MDR-TB verbessern, die bisher nicht nachweisbare rpoB I491F-Mutation kann detektiert werden, die Rückverfolgung von Kontaktpersonen von MDR-TB-Patienten wird erleichtert und die epidemiologische Überwachung von MDR-TB Ausbrüchen auf regionaler Ebene und darüber hinaus kann sorgfältig erfolgen" sagte der Direktor des Gesundheitsdienstes in Eswatini, Dr. Magagula
Kontakt
Prof. Dr. Stefan Niemann
T +49 4537 / 188-7620
F +49 4537 / 188-2091
sniemann@fz-borstel.de
Weitere Informationen: